«Bye Bye Berlusconi»: Pauken und Trompeten
11. Feb 2006 11:21
| Die Fälschung: Berlusconi-Darsteller Maurizio Antonini mit Regisseur Jan Hendrik Stahlberg | Foto: dpa |
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Italiens Ministerpräsident als Kater Karlo: Die
Berlinale-Premiere «Bye Bye Berlusconi» ist eine trashige und witzige
Abrechnung mit dem Politiker.
Starter Auftritt zu Beginn der Premiere von «Bye Bye
Berlusconi» im Berlinale-Panorama am Freitag Abend im Zoo-Palast:
Regisseur Jan Henrik Stahlberg hatte nämlich direkt sein ganzes
Ensemble mit nach Berlin gebracht – und dazu gehört nun einmal auch
eine vielköpfige Blaskapelle, die mit einer nur ganz leicht schiefen
Version der Internationale ins Kino marschierte.
Mit einem Knalleffekt beginnt auch der eigentliche
Film: Eine gewaltige Explosion in Genua, danach Breaking News auf allen
Kanälen: Italiens Ministerpräsident ist entführt worden, es fehlt jede
Spur von ihm. Die Entführer rasen derweil mit dem Minister in der Kiste
durch die Berge – soweit der alte Ford Transit das zulässt. Dann werden
sie auf einen Parkplatz gewunken und wir verstehen: Alles nur Finte, in
Wirklichkeit geht es hier um ein Filmteam, das einen Film über die
fiktive Entführung des echten Berlusconi dreht.
Korrupter Melonenhändler Doch
jetzt müssen sie von vorne anfangen: Die Anwälte sagen, dass der Name
des Politikers im Film nirgendwo auftauchen darf – man entscheidet
sich, das Geschehen in eine Art Pseudo-Disney-Welt zu verlegen: Aus
Berlusconi wird «Topolino», der in großem Stil mit Melonen handelt,
auch mit verfaulten, und nebenbei mit dem Melonen-TV den größten
Fernsehsender des Landes kontrolliert.Der Film im Film, der so
entsteht, wird eine Art grellbunter trashiger Comic, in dem «Topolino»
endlich auch mal visuell so rüberkommt, wie man ihn sich insgeheim
schon immer vorgestellt hat. Nicht Mickey Maus, eher schon Kater Karlo,
der gnadenlos chargiert, und seine Kinder vertrimmt. Den Rest besorgen
Clips des fiktiven Melonen-TV, die sogar noch viel blöder sind, als das
echte Trash-Fernsehen es bisher geschafft hat.
Druck aus der echten Politik Zweiter
Handlungsstrang ist die Arbeit des Filmteams, das den Streifen gerade
dreht – und dabei mit immer mehr Repressalien der italienischen
Behörden zu kämpfen hat. Von kleinen Schikanen und Hausdurchsuchungen
eskaliert der Druck immer mehr – bis zum dramatischen Knalleffekt.Bei
der Premiere gab es reichlich Gelächter für diese Groteske, die stark
von «Topolino» Maurizio Antonini lebt, dessen Ähnlichkeit mit
Berlusconi wirklich beeindruckend ist - ein kiffender Berlusconi ganz
am Anfang, das hat schon etwas. Ansonsten dürfte der ganze Film für die
Beteiligten eine Art kollektives Dampf-Ablassen angesichts der Zustände
in Italien gewesen sein: Hier sieht man den zwielichtigen
Ministerpräsidenten vor Gericht, gefesselt, winselnd am Boden – das
Lachen, das so etwas auslöst, mindert den Druck und den Frust
angesichts des Unangreifbaren.
Viel Gelächter aus dem Publikum Ob
man den echten Berlusconi mit so etwas in die Knie zwingen kann, sei
dahin gestellt: Helmut Kohl konnte sehr gut und sehr lange mit den
«Birne»-Witzen auf seine Kosten leben. Aber auch wenn die
Rahmenhandlung manchmal arg räuberpistolenhaft erzählt ist, ist «Bye
Bye Berlusconi» auf jeden Fall ein brachial-unterhaltsamer Film. Regisseur
Stahlberg hat nach der Premiere hervor gehoben, dass die Beteiligten
zunächst einmal ohne Gage gearbeitet haben – Geld gibt es erst, wenn
der Film die sonstigen Produktionskosten eingespielt hat. Aber so wie
er gemacht ist, könnte das sogar klappen.
Für das Web ediert von Kai Kolwitz |