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BUMMELANTEN-BASHING Bitte langsam zum Ende kommen Von Kai Kolwitz Die Bundesländer blasen zur Jagd auf vermeintliche Bummelanten: Fast überall sollen sie künftig Strafgebühren zahlen. Dabei bietet die seltsame Schmarotzer-Debatte kaum Hinweise, welche Kosten Langzeitstudenten tatsächlich verursachen - und die meisten zwickt keineswegs ein schlechtes Gewissen.
Als zweites Bundesland hat Niedersachsen zum Sommersemester Gebühren eingeführt. 500 Euro pro Semester kostet das Studium nun für alle, die mehr als vier Semester über ihrer Regelstudienzeit liegen. Und etliche Bundesländer wollen nachziehen. Teils haben sie die Strafzölle für vermeintliche Bummelanten bereits beschlossen, teils wird noch debattiert.
"Das ist eine klare ordnungspolitische Maßnahme", erklärt Andrea Melcher vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium, "man tut den Studierenden damit doch auch einen Gefallen. Da geht schließlich Lebenszeit verloren." Trotzdem hat das Land aus den Gebühren bereits 44 Millionen Euro eingenommen - Geld, das im Ländle immerhin an die Universitäten zurückfließt.
Der von Hochschulrektorenkonferenz und Bertelsmann-Stiftung getragene "Think Tank" hat schon für verschiedene Hochschulen und Bundesländer Modellrechnungen durchgeführt und ist nicht grundsätzlich gegen Studiengebühren, im Gegenteil: Lobbyarbeit pro Gebühren ist sogar seine zentrale Mission - aber von der reinen Abstrafung von Langzeitstudenten hält das CHE nichts. Karteileichen blockieren keine Ressourcen Dass Pseudostudenten das deutsche Hochschulsystem gelegentlich nutzen, etwa um an preiswerte Semestertickets zu kommen, bestreitet kaum jemand. Trotzdem sieht Ziegele die Gründe für lange Studienzeiten vor allem als systembedingt: "Viele Professoren betrachten die Lehre eher als Last. Vorlesungen sind inhaltlich total überfrachtet, jeder Dozent bringt da sein Hobby mit rein."
Aber die Sozialsysteme leiden doch... Fallen die ewigen Studenten den Sozialsystemen zur Last? Beim Bafög ist für sie nichts zu holen. Viele sind recht intensiv erwerbstätig - und müssen ganz normal Lohnsteuern zahlen. Zwar bleibt beim Jobben mit Studentenausweis mehr übrig, weil bis 20 Stunden pro Woche weder Kranken-, Pflege- noch Arbeitslosenversicherung anfallen. Doch dafür erwerben Studierende keinerlei Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder Rente; auch der Weg in die Sozialhilfe ist ihnen per Gesetz verschlossen. Und die Krankenkassen behalten die Semesterzahl im Auge und bitten ab einer bestimmten Grenze zur Kasse.
Schlechtes Gewissen plagt ihn nicht: "Ich falle nur der Bahn zur Last, sonst niemandem." Dem für ihn zuständigen Studentenwerk nützt er sogar: Da Frank Sozialbeiträge zahlt, ohne Leistungen in Anspruch zu nehmen, subventioniert er wiederum die Mensaessen und Wohnheimplätze anderer Studenten. Den AStA ebenfalls. Jobben und Engagement fressen Zeit Frank wäre sofort weg, sobald Studiengebühren eingeführt werden (in Nordrhein-Westfalen ab 2004 geplant). Petra aber nicht. Sie studiert Maschinenbau an der TU Berlin und hat bisher jede Prüfung auf Anhieb bestanden.
Momentan organisiert Petra übrigens gerade eine Absolventenmesse - und ansonsten wartet sie: Ihr Prüfer für den letzten Schein arbeitet hauptberuflich bei Rolls-Royce und kann nur an einem Tag im Monat Prüfungen abhalten. Petra hat es bis jetzt nur auf die Warteliste für die Prüfung geschafft.
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01. August 2003 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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